Aktionen

Aktionstag am 18. Mai 2014 in Berlin im Rahmen der Blockupy-Aktionswoche

Die Sonne des Vortags wollte leider nicht kommen, im strömenden Regen bauten wir das Zirkuszelt auf, das uns trotz später noch aufklarendem Himmel, Schutz bot.

carerev02-kleinAm Samstag waren wir noch mit dem Care Revolution-Hochtranspi und Flyern auf der Blockupy-Demo unterwegs und heute wollten wir den Tag nutzen, um Neues zu erfahren, in Austausch zu treten und bei einem Stadtrundgang feministische Orte in Kreuzberg zu erschließen.

Der erste Teil des Tages stand unter dem Thema Gesundheit: Kirsten Schubert, Vorstandsmitglied im Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte e.V., berichtete über den Wandel im Krankenhaus, wie Personal in den letzten Jahren weiter abgebaut wurde, wie die Gesundheitsversorgung darunter leidet und die Gründe hierfür in der Kapitalisierung der Gesundheitsversorgung zu suchen sind. Diese wurde über die Einführung des DRG-Systems und der damit verbundenen Konkurrenz durchgesetzt, indem jede Krankheit einen Preis bekommt und Gesundheit zur Ware wird.

Weiter sprach ein Care-Arbeiter über Versorgungslücken bei der Gesundheitsversorgung von Obdachlosen. Die Stadt Berlin betreibt in diesem Feld institutionelle Ausgrenzung – mit System. So ging an alle Versorgungsstellen die Aufforderung, Menschen aus Osteuropa nicht mehr zu behandeln. Das ist menschlich ein Skandal! Allein der Ambulanz für Wohnungslose am Bahnhof Zoo wurden die Gelder gestrichen, weil sie sich weigerten und weiterhin alle Menschen in Not behandeln wollen. Respekt und Solidarität für diese Form von Widerstand!

Zur Situation von Care-Arbeiter_innen in der Persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderung sprachen Aktivist_innen von der ver.di-Betriebsgruppe bei den Berliner Assistenzbetrieben und der Unabhängigen Arbeitnehmer_innenvertretung in der Persönlichen Assistenz. Assistenz ist weiterhin eine körperlich anstrengende, zeitintensive und schlecht bezahlte Arbeit, in der zum Teil sehr isoliert gearbeitet wird, was es erschwert, sich zu organisieren. Ebenso ist es ein Bereich, in dem es nicht so einfach ist, zu streiken und wo Beschäftigte sich zusammen mit den Assistenznehmer_innen auf die Suche nach Widerstandsformen für Verbesserungen begeben.

carerev08-kleinWie leben und wohnen wir? Und wie leben wir zusammen mit Kindern? Zu diesem Themenfeld sprachen einmal Gisela Notz, Historikerin, Feministin und Autorin, die über die Entwicklung kollektiver Wohnformen (z.B. Beginenhöfe) und über Geschlechterrollen in Pflege und Sorge referierte. Weiter Organisator_innen des Camps „Wer lebt mit wem? Warum? Und wie? – das selbstorganisierte Sommercamp für Kinder, Jugendliche, deren Hauptbezugspersonen, Eltern, Co-Eltern, (Wahl-)Verwandte, Mitbewohner_innen, Freund_innen, Menschen mit und ohne Verantwortung für Kinder und für alle anderen Interessierten!“ (www.wer-lebt-mit-wem.de, Camp vom 15.-20.August 2014 in Escherode bei Kassel). Und eine selbstorganisierte Eltern-Kind-Gruppe: „Kinder in Ruhe lassen“. Wie kann ein Zusammenleben mit Kindern Machtungleichheiten zwischen Alt und Jung (Adultismus) entgegenwirken und wie gehen wir mit Geschlechterrollenzuweisungen um und schaffen Räume für queere Lebensweisen? Über diese Themen gab es einen anregenden Austausch in großen und kleinen Gruppen. Die Gruppe „Women in Exil und friends“ informierte mit dem Infotisch über die Situation von Frauen in Lagern. Frauen im Asylverfahren sind gezwungen, mit ihren Kindern unter beengten und deprimierenden Umständen zum Teil über Jahre ohne Perspektive in Lagern zu leben. Sie fordern Wohnen, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Bewegungsfreiheit!

Weiter gab es den Workshop „Die Freiheit nehm‘ ich mir … Sexualität leben – wider die Moral“ von move e.V. Berlin. „Selbstbestimmte Sexualität ist ein Menschenrecht und birgt Ressourcen für das tägliche Leben. Gleichzeitig normieren gesellschaftliche Moralvorstellungen den Umgang mit Körpern und Sexualität. Dagegen wehren sich Menschen, die ihre sexuellen Rechte einfordern und Menschen, die sich gegen Diskriminierung wehren sowie Sexarbeiter_innen, die für Rechte und Freiheiten für ihre Arbeit kämpfen.“ Der konzentrierte Austausch brach mit Klischeevorstellungen und Vorurteilen.

Der Stadtspaziergang von Andrea Heubach von FRAUENTOUREN ging durch Kreuzberg und es wurden verschiedene Orte besucht, an denen Interessantes zu couragierten Frauen, feministischen Kämpfen und zur Berliner Geschichte zu erfahren war. Der Tag endete mit einem Bericht von Stephan Gummert zur aktuellen Lage im Kampf der Charitépfleger_innen und des Bündnisses für mehr Personal im Krankenhaus. Wenn die Verhandlungen mit der Krankenhausleitung Erfolg haben sollten, wäre das ein sehr wichtiger Schritt, um marktwirtschaftliche Konkurrenz- und Profitorientierung in den Krankenhäusern wieder zurückzudrängen und Möglichkeiten für eine bessere Gesundheitsversorgung zu schaffen.

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Feministische Mobilisierung am 17. Mai 2014 in Düsseldorf

Es geht weiter: am 17. Mai 2014 bei den Europäischen Aktionstagen auf der Kö und im Herbst bei der EZB Party in Frankfurt

„Chic im schwarzen Block“

LISA NRW beteiligt sich auch in diesem Jahr an den Blockupy-Aktionstagen im Mai und an der Party zur Verhinderung der Eröffnung der EZB im Herbst. Neben eigenen Aktionen wird es bei den Demonstrationen wieder einen Frauenblock geben – in diesem Jahr unter dem Motto: „Chic im schwarzen Block“!

2013 wurden bei der Blockupy-Demonstration 800 Meter nach Beginn der Demo Teile des „schwarzen Blockes“ – erkennbar an bunten Schirmen, schillernden Transparenten und Farben aller Art – in einem Polizeikessel gefangen genommen. Die Polizei hatte offenbar die Hoffnung, mit dieser Aktion die Demo in „die Guten“ und „die weniger Guten“ – die Bunten und die Dunklen – spalten zu können.
Unsere Antwort auf die Aktion der Polizei lautet: Wir alle sind der schwarze Block! Und wir sind chic! Also schmeißt Euch in schwarze Klamotten, holt Eure Sonnenbrillen raus – bei warmem Wetter geht auch das kleine Schwarze -. Schwarze Kleidung und ein „Drama-Accessoire“ – das wird unser Erkennungszeichen sein. Falls Euch das Drama-Accessoire fehlt – wir haben genug dabei: Perücken, Hüte, Tücher, Boas und Stolas – alles ist erlaubt.

Sorgearbeit am Boden – Flasmob vor dem DGB

Um 11.55 Uhr startet der Flashmob „Sorgearbeit am Boden“, denn nicht nur die Pflege liegt am Boden: Überall in der Welt wird mit der Krise des Kapitalismus deutlich, dass der Mensch nichts gilt, wenn es um den Profit geht. Die kulturelle Decke ist dünn, wenn der Wind der Krise an ihr zerrt. Egal ob im Gesundheitswesen, ob in der Altenpflege, der Bildung, in unseren Kitas oder auch zu Hause – Sorgearbeit wird immer prekärer. Wir sagen: Wir widersetzen uns! Denn nur, wer sich widersetzt, kann auch aufstehen. Kommt zum Flashmob „Sorgearbeit am Boden“!

Sexismus markieren!

Nach der Demo geht es weiter. Wir spazieren zur Kö. Hier werden wir Werbung mit sexistischem Inhalt markieren und auf die Bedingungen der Beschäftigten aufmerksam machen – hier in Düsseldorf und weltweit.
Unsere Doppelbelastung ist nicht Kind und Job! Unsere Doppelbelastung heißt Kapitalismus und Patriarchat. Wir sind auch nicht überfordert, sondern wir werden vernutzt. Care Revolution bedeutet eine Neubewertung von Arbeit, Zeit für Widerstand schaffen, uns selbst entwickeln. Kurz: Care Revolution heißt der Bruch mit Kapitalismus und Patriarchat! Und wir werden nicht darauf warten, dass uns Besserungen versprochen und gebracht werden. Wir wissen: Was wir nicht selbst machen, dass bekommen wir auch nicht!

Wir wehren uns gegen Sexismus! Das Frauenbild in der Werbung – Die Frau als technisch unbeholfene Person – Die Frau als Sexobjekt oder als zerstückelter, sexualisierter Körper – Werbung, die hausfrauisiert – all das wird von uns markiert.

All dies wollen wir gemeinsam – im Frauenblock in der Demo und mit den Aktionen auf der Kö – angreifen, aufdecken, kenntlich machen.

Patriarchat und Kapitalismus den Boden entziehen!
Das Leben in den Mittelpunkt stellen!
Rise up! Let´s care!

 

Aktionen zum 1. Mai 2014 in Freiburg „Tag der unsichbaren Arbeit“

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Bei der 1. Mai-Demonstration des DGB liefen einige Aktivist_innen mit, die mit Transparenten den „Tag der unsichtbaren Arbeit“ begingen. Damit wurde endlich einmal auf einer Gewerkschaftsdemonstration sichtbar, dass Lohnarbeitende und unbezahlt Sorgearbeitende unter der Prägung dieser Arbeiten durch die kapitalistische Produktionsweise leiden – und sich wehren. Diese Aktion war noch spontan von Teilnehmenden an der Aktionskonferenz Care Revolution im März und im AK Care der Unabhängigen Frauen Freiburg organisiert worden (und nach dem Motto: Jede_r bringt noch jemand mit).

In Freiburg gründet sich gegenwärtig ein lokales Netzwerk Care Revolution.

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Rede am 1. Mai 2014 in Berlin, 18 Uhr Demo

Wir sind heute hier – am 1. Mai, dem Tag der Arbeitskämpfe – um die unsichtbare Arbeit auf die Straße zu tragen! Denn ein großer Bereich der gesellschaftlich notwendigen Arbeit, findet unsichtbar im Privaten statt.
Dabei geht es ganz unmittelbar um unser Leben, um unseren Alltag, d.h.: Wer sorgt für mich? Wie gut sind die Bedingungen, so dass ich für andere sorgen kann? Wer kümmert sich um Opa? Wer hält den Freundeskreis zusammen, trocknet Tränen oder wäscht die Wäsche…?

In der Logik des Kapitalismus sind das Arbeiten, mit denen sich kaum Profit erwirtschaften lässt. Aber sie müssen trotzdem möglichst billig erledigt werden, denn die Ökonomie braucht engagierte, flexible und leistungsstarke Arbeitskräfte und gut gelaunte Konsument_innen.

Ein gutes Leben steht im Widerspruch zur Konkurrenz und Profitlogik des Kapitalismus.

Für die unsichtbare private Sorgearbeit fehlen Zeit, Geld und Anerkennung. Aber auch da, wo Sorgearbeit als Erwerbsarbeit geleistet wird, steht sie unter Kostendruck, auch hier ist sie der kapitalistischen Profitlogik unterworfen. Profitsteigerung geht hier nur durch Kostensenkung. Dafür werden Löhne gedrückt, die Arbeitsbelastung steigt, die Qualität der Arbeit leidet massiv darunter.
Der Kostendruck auf das Soziale ist Teil des Systems. Care-Arbeit ist im Kapitalismus permanent unter Druck. Und durch die herrschende Krisenpolitik, verschärft sich dies zur Krise sozialer Reproduktion.

Wer für wen sorgt, wie gut jemand für sich und andere sorgen kann und wer wie viel Lohn
und Anerkennung für geleistete Sorgearbeit erhält – all das ist entlang von
Herrschaftsverhältnissen organisiert. Und diese betreffen uns nicht alle gleich.
Das rassistische Migrationsregime der Festung Europa verwehrt Flüchtenden den Zugang zu sozialer Infrastruktur und zu einem selbstbestimmten Leben. Die Migrationspolitik entrechtet Einwandernde. Als Einkommensmöglichkeiten hält sie für viele Migrierte die am schlechtesten bezahlten und schutzlosesten Arbeiten in der informellen Care-Ökonomie in Privathaushalten bereit. Rassismus und Klassismus bestimmen die ungleiche Verteilung von Einkommen, von Lebensmöglichkeiten, von politischer Teilhabe. Aber es stellt sich auch die Frage: wer kann sich steigende Mieten überhaupt noch leisten und wessen communities werden durch Verdrängung zerrissen?

Auch Geschlechterherrschaft spielt eine große Rolle für die unsichtbare Arbeit.
Im Privaten muss ausgeglichen werden, was öffentlich gekürzt wird.
Die unsichtbaren Arbeiterinnen sind in überwiegender Zahl Frauen, die Zuhause nach dem Job eine zweite Schicht fahren, die die blutigen Entlassungen aus kostenoptimierten Krankenhäusern kompensieren und die ihre Angehörigen pflegen und dafür auf Jobs, auf eigene Interessen und auf Rentenansprüche verzichten müssen. Die um sich greifende Unsicherheit, den Alltag überhaupt noch zu meistern, verstärkt traditionelle Rollenbilder, sexualisierte und häusliche Gewalt nehmen zu. Und es sind viele Frauen, die in ihren Jobs die Unterfinanzierung von Pflegedienstleitungen, Krankenversorgung, Kinderbetreuung, sozialer Arbeit am direktesten zu spüren bekommen.
Das alles nennen wir Krise der sozialen Reproduktion!

Wir tragen mit unserem Care-Revolution-Block heute die unsichtbare Arbeit im Kapitalismus auf die Straße.
Aber auch die unsichtbare Seite der Arbeitskämpfe!
Arbeitsverweigerung ist im Care-Bereich kaum möglich, denn wer bestreikt schon sein eigenes Leben oder das von Menschen, die von Sorgearbeit abhängig sind. Aber dennoch: viele Menschen wehren sich gegen die Bedingungen, unter denen diese Arbeit stattfindet. Sie kämpfen und organisieren sich.
Diese Aktivitäten verstehen wir als Teil einer Care-Bewegung. Diese Bewegung ist sichtbar geworden in einer großen Aktionskonferenz vor zwei Monaten in Berlin, sie ist sichtbar in den Blockupy Care-Mobs, sie ist sichtbar in den antirassistischen 8.März-Demos gegen die Lagerunterbringung von geflüchteten Frauen und Kindern, sie ist sichtbar in der Bündnisarbeit von Menschen mit und ohne Behinderung, in den Streiks von Kita-Erzieher_innen und dem Kampf von Krankenpfleger_innen für eine Mindestpersonalbesetzung, in Kämpfen der prekär oder illegal beschäftigten migrantischen Haushaltsarbeiterinnen, die Arbeitsrechte erstreiten, in Protesten gegen soziale Verdrängung in Städten, in Aktionen pflegender Angehöriger, die aus der Isolation ausbrechen und den Armutsdruck bei häuslicher Pflege sichtbar machen, Aktionen von Sexarbeiterinnen gegen die Kriminalisierung ihrer Arbeit und Verdrängung aus innerstädtischen Räumen, in Kämpfen um die Anerkennung unterschiedlicher Lebensmodelle und Lebensweisen, Kämpfen gegen Diskriminierung und Armut!
Die Kämpfe zeigen sich in vielfältigen Themen und Protestformen, die an vielen Orten stattfinden und stärker werden. Alle diese Bewegungen kratzen an unterschiedlichen Ecken des gleichen Problems. Denn die Krise im Alltag vieler Menschen verschärft sich. Und all diese Kämpfe sind Teil des Widerstands gegen die Krise der sozialen Reproduktion.

Die strukturelle Krise der Kapitalverwertung soll auf Kosten unserer Lebensverhältnisse gelöst werden. Das lassen wir nicht mit uns machen! Dagegen fordern wir einen massiven Ausbau der staatlichen Investitionen in soziale Daseinsvorsorge. Wir fordern bessere Arbeitsbedingungen in den bezahlten Care-Sektoren. Doch dabei werden wir nicht stehen bleiben. Denn Care Revolution ist auch das Ringen um grundsätzlich andere Reproduktionsverhältnisse, in denen eine Kollektivität möglich wird, die den staatlichen Rahmen von Verwaltung, Individualisierung und sozialer Spaltung sprengt.

Wir rufen dazu auf, dem Kapitalismus und der herrschenden Krisenpolitik einen Widerstand entgegenzusetzen, der von diesen unsichtbaren Seiten der Ökonomie ausgeht. Die Care Bewegung steht für einen grundlegenden Perspektivenwechsel. Es geht um nicht weniger als die Forderung, dass nicht Profitmaximierung, sondern die Verwirklichung menschlicher Lebensinteressen im Zentrum politischen Handelns stehen muss.

Das heißt nicht, dass wir alle gleiche Interessen haben. Und auch nicht die gleichen Möglichkeiten, unsere alltäglichen Care-Kämpfe zu führen. Es ist eine Herausforderung, eine gemeinsame Sprache zu finden, unterschiedliche Interessen auszuhandeln, nicht alles zu vereinheitlichen und trotzdem das ‚gemeinsame Dritte’ nicht aus den Augen zu verlieren.
Unser Ziel ist eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen gutes Leben für alle möglich ist.
Für die Care Revolution!

 


Aktionen zum 1. Mai 2014 in Kassel „Tag der unsichbaren Arbeit“

Kassel Mai 2014 traspis auf dem königspltz

Kassel Mai 2014 Selbstorganisiertes care - blöckchen

 

Care Mob-Aktionen und Blockupy-Demoblock am 1. Juni 2013 in Frankfurt a.M.

Care Mob Aktion Frankfurt 2013

Care Revolution Block in Frankfurt Blockupy Demo 2013(Foto: Getty Images)